Klimapolitische parlamentarische Vorstösse in der Junisession

Sehr geehrte Frau Standespräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Grossräte 

In der kommenden Session in Pontresina werden zwei Vorstösse behandelt, die sich mit dem Klimawandel auseinandersetzen. 

 

1. Auftrag Wilhelm betreffend Green Deal für Graubünden: Klimaschutz als Chance nutzen 

Der Vorstoss über einen «Green Deal» wurde von rund zwei Dritteln aller Grossrätinnen und Grossräten unterzeichnet. Verlangt werden im Wesentlichen wirksame Massnahmen zum Klimaschutz samt Finanzierungsplan und Anpassungen gesetzlicher Grundlagen. Die Regierung begrüsst den parlamentarischen Vorstoss. Er bestärke den Weg der 2015 beschlossenen Klimastrategie des Kantons. Für die Umsetzung eines griffigen Aktionsplanes rechnet sie mit einmaligen Investitionen zwischen 15 und 26 Millionen Franken. Hinzu kommen jährlich wiederkehrende Aufwendungen zwischen 20 und 50 Millionen Franken für Bund, Kanton und Gemeinden. Die Mehrkosten für den Kanton seien in der Finanzplanung nicht enthalten, betont die Regierung. 

Die Dachorganisationen der Wirtschaft Graubünden gehören nicht zur Kategorie der Klimaskeptiker, aber sie haben trotzdem mit Erstaunen die Haltung der Regierung zur Kenntnis genommen. Dass deutliche Zeichen eines Klimawandels vorhanden sind, wird nicht bezweifelt. Aufgrund der herrschenden Diskussion in verfehlten Aktionismus zu verfallen ist unseres Erachtens aber nicht richtig oder es mit Helmut Kohl zu sagen: «Der Wind des Zeitgeistes weht heute da und morgen da. Und wer sich danach richtet, der wird vom Winde verweht.» 

Über die Ursachen des Klimawandels streiten sich die Experten. Unbekannt ist, mit welchen Massnahmen ein einzelner Kanton zielgerichtet die Auswirkungen der Erderwärmung bekämpfen kann. Trotz-dem will die Regierung einen Aktionsplan «Green Deal für Graubünden» entwickeln, mit dem sie bereit ist, erhebliche finanzielle Mittel einzusetzen, die aber – wie sie selber mit Blick auf die Finanzplanzahlen sagt - gar nicht vorhanden sind. Sie verlässt damit nicht nur die auch sonst von ihr so hoch gehaltene Ausgabendisziplin. Vielmehr scheut sie sich in der Antwort nicht, dass von einem Teil der Bevölkerung (sprich Hauseigentümer) erhebliche Lasten zu tragen sind. So fordert sie zum Beispiel eine breite politische Abstützung, damit die - den Kanton kaum Mittel kostende - Umsetzung der Mustervorschriften im Energiebereich (MuKen) möglich wird. Diese Forderung erstaunt umso mehr, als die Regierung weiss, dass die konkrete Umsetzung der MuKen im Rahmen der Vernehmlassung zur Teilrevision des Energiegesetzes in weiten Kreisen höchst umstritten ist. Wir bezweifeln jedenfalls, dass die Vernehmlassungsfassung Chancen hat, erfolgreich bestehen zu können. Mit anderen Worten: je konkreter Mass-nahmen werden, umso schwieriger haben sie es, umgesetzt zu werden. 

Die Befürworter des Vorstosses dürften argumentieren, dass sich ohne Druck und ehrgeizige Ziele zu wenig bewege. Eine gewisse Ambition, wie sie die Regierung bei der Formulierung der Klimastrategie 2015 gezeigt hat, ist nicht falsch. Doch bei allem Optimismus müssen die Ziele realistisch bleiben und sie müssen in einen finanzpolitischen Rahmen gestellt werden. Das zeigt die gerade jetzt abgesetzte Vorlage zu GrFlex ganz deutlich. Wenn niemand daran glaubt, verpufft die Symbolik wirkungslos. Sollen die Vorgaben dagegen «auf Teufel komm raus» durchgedrückt werden, gehen die Kosten rasch ins Uferlose und die Zustimmung sinkt. Damit ist niemandem gedient. Auch in der Klimadiskussion nicht. 

Der Kanton hat beschränkte Mittel zur Verfügung und muss nicht nur das Klima berücksichtigen, sondern für die Bildung, den privaten und öffentlichen Verkehr aufkommen, für gute Rahmenbedingungen, ein ausgewogenes Steuerklima und die Sicherheit sorgen, Sozialhilfe ausrichten etc. etc. Wenn schon eine Verbesserung des Klimaschutzes lanciert werden soll, so haben dafür vorgesehene vernünftige und mit Augenmass vorzunehmende Massnahmen im Regierungsprogramm und den damit verknüpften Finanzplan Aufnahme zu finden. Wir bitten Sie deshalb, sehr geehrte Damen und Herren Grossräte, den Auftrag Wilhelm abzulehnen und im Rahmen des Regierungsprogrammes darüber zu beraten. Eine Vorwegnahme dieses Teilbereichs ist nicht im Interesse des Kantons. 

 

2. Auftrag Kappeler betreffend Anteil Elektrofahrzeuge an Neufahrzeugen 

Nach dem Prinzip «steter Tropfen höhlt den Stein» wird versucht, den Kanton dazu zu bringen, den An-teil der Elektrofahrzeuge an Neufahrzeugen mit Unterstützung von staatlichen Mitteln zu erhöhen. Im Auftrag vom 12. Februar 2019 verlangen die Initianten eine weitergehende Ökologisierung der Motorfahrzeugsteuern bzw. eine Ausrichtung von Subventionen an Dritte, wenn sie sich für den Kauf von Elektrofahrzeugen entscheiden. Zurecht lehnt die Regierung diesen Auftrag ab. Die Motorfahrzeugsteuern für Elektrofahrzeuge sind schon heute mit rund 100 Franken sehr gering, eine zusätzliche Entlastung um diesen Betrag vermag den Kaufentscheid nicht zu beeinflussen, weshalb die Lenkungswirkung versagt. Abstrus erscheint uns der Vorschlag, mit Steuergeldern Fahrzeuge und Ladegeräte für den privaten Gebrauch zu subventionieren. Wenn der Markt wirklich so floriert, wie die Initianten des Auftrags behaupten, ist eine Kaufunterstützung wirklich fehl am Platz. Wir bitten Sie, sehr geehrte Damen und Herren Grossräte, auch den Auftrag Kappeler abzulehnen.